Anna fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, im bekannten Nationalpark Torres del Paine, wandern zu gehen. Wir würden das W laufen und wären 5 bis 6 Tage unterwegs.
Wieso eigentlich nicht?! Patagoniens Landschaften sollen atemberaubend sein und so ein bisschen wandern wird uns schon gut tun.
Also machten wir uns von El Calafate auf den Weg nach Puerto Natales. Von dort startet jeder, der im Torres wandern möchte.
Nachdem wir das ganze Zeug, wie Zelt, Gaskocher, Geschirr und Essen besorgt hatten, ging es am nächsten Tag schon los.
Wir fuhren 3 Stunden durch wunderschöne Gegenden und bekamen Patagoniens Tierwelt zu Gesicht. Von Guanacus zu Flamingos und noch vielen mehr.
Aber vor allem beeindruckte uns die Gegend durch die zahlreichen Regenbogen.
Chile ist für mich, das Land der Regenbogen. Noch nie habe ich so viele von ihnen an einem Tag gesehen. Es war einfach wunderschön!
Im Nationalpark angekommen, mussten wir erstmal Eintritt bezahlen und wurden eingewiesen in Regeln und Verbote. Danach ging es weiter zur Fähre. Schon beim warten sollten wir feststellen, dass es ganz schön windig zugeht. Uns flog alles um die Ohren. Die Fähre brachte uns dann an den Startpunkt und Anna und ich machten uns gleich auf den Weg.
Es war grau, windig und regnerisch, aber trotzdem war ich total motiviert und so lief ich voran bergauf über Stock und Stein. Mit dem riesen Bagpack auf dem Rücken und dem Wind der eher an einen Orkan rankam, war es nicht immer ganz leicht und ich wurde öfters mal hin und her gerissen. Wir hatten auch öfter mal das Problem, das Wege die leicht zu finden waren, ausgeschildert waren, aber wenn man manchmal nicht wusste wohin, hat man keinen Wegweiser gefunden. So mussten wir kleine Wasserfälle voller Schlamm runter klettern und unten bemerkten wir, dass es ganz auf der anderen Seite einen normalen Weg gab.
Müde und erschöpft von der langen Wanderung, erreichten wir früh abends den Campingplatz und bauten erstmal das Zelt auf. Vor uns lag eine eisige Nacht, um die 0 Grad, doch das ganze einpacken in warme Sachen half nichts. Durchgefroren und total müde von der Nacht standen wir früh morgens auf, um uns auf den weiteren Weg zu machen. Das Zelt ist leider sehr ungemütlich gewesen und mann wusste nicht auf welche Seite man sich drehen soll, da sich der harte Boden in jede Stelle des Körpers bohrte.
Was kann passieren, das einem die Wanderung verdirbt? Genau, man fällt hin und verdreht sich das Bein. Leider ist mir das schon am Anfang des zweiten Tages passiert, doch ich konnte noch laufen und man hat sowieso keinen andere Möglichkeit als zu laufen, denn weit und breit gibt es nur Wildnis. Weiter ging es dann zum Camp Italiano.
Überglücklich und humpelnd bin ich dann gegen späten Nachmittag mit Anna dort angekommen. Nachdem ich passenden Globulis eingeschmissen hatte und fleißig Tigerbalsam aufs Knie geschmiert habe, gings auch schon ins Bett. Hoffentlich kann ich morgen laufen!
In der Nacht ist ein wunder passiert und es war mir wirklich möglich zu laufen. Das Bein hat nur noch leicht weh getan und Anna und ich machten uns auf den längsten Marsch nach Camp Chileno. Hier in Torres war wirklich alles verteten, von Regen, Schnee und Sonne, aber unser ständiger Begleiter war der Wind.
An einer gewissen Stelle spaltet sich der Weg und man kann eine Abkürzung zum Camp Chileno nehmen. Bis zu dieser Abkürzung lief noch alles Gut.
Bei der Abzweigung fragte uns ein älteres Paar noch, ob wir wirklich diesen Weg gehen wollen und als Anna und ich bejahten, wünschten sie uns nur viel Glück. Etwas später sollten wir verstehen wieso. Es ging die meiste Zeit bergauf, über Matchwege, über Flüsse, manchmal ohne zu wissen wo der Weg ist. Immer mehr verließ uns die Kraft und wir wollten am liebsten einfach stehen bleiben, denn unser Körper sagte bis hier hin und nicht weiter. Doch man darf, außer in den Camps, keine Zelte aufschlagen und es war weit und breit niemand zu sehen, der uns irgendwie helfen könnte. Also blieb uns nur weiterlaufen. Eisern sparte ich mir meinen letzten Schluck Wasser auf. Wir passierten einen schmalen Weg, auf der einen Seite ging Schutter den Berg auf, auf der anderen Seite war eine Schlucht von 150m.
Der Wind riss ganz schön an mir und schaffte es mich wieder umzureisen. Glücklicher Weise schaffte ich es, mich in den Geröllhaufen zu werfen, denn nach unten wollte nicht. Nachdem ich ganz oben angekommen war und merkte, dass Anna etwas zurück lag, wollte ich meinen letzten Schluck trinken, doch meine Flasche war nicht mehr da. Der Wind hatte sie mir aus meiner Ausentasche gerissen.
Ich wollte einfach nur noch aufgeben, doch da erblickten Anna und ich eine Hütte etwas entfernt in den Bäumen und andere Wanderer kamen uns entgegen, die uns die erlösende Antwort gaben, dass das Camp gleich da vorne wäre. Was waren wir glücklich! Mit unseren letzten Kräften erreichten wir das Camp und bauten das Zelt auf.
Wir gingen früh schlafen, denn wir wollten um 4 Uhr morgens aufstehen, um die Torres hoch zu steigen und den Sonnenaufgang zu bestaunen. Zum Glück wurde nichts aus dem Vorhaben. Anna und ich fanden in der Dunkelheit den Weg nicht und es hatte keinen Sinn weiter zu suchen, es war schon zu spät. Wir würden es nicht mehr rechtzeitig schaffen. Also schliefen wir noch ein bisschen und machten uns dann auf den Abstieg. Der Rückweg verlief ohne große Probleme und wir wollten am Hotel dann den Shuttlebus nehmen. Zu früh gefreut; der Bus fuhr erst viel später und wir würden dann unseren Bus nicht bekommen. Es blieb und daher, nur zu laufen. Kurz nachdem wir weiter gelaufen sind, hatte mein Bein keine Lust mehr und wurde von einem heftigen Schmerz durchzogen. Ich hoffte, dass es sich bald legen würde, doch leider hatte ich kein Glück und passend zu Halloween, das genau an diesem Tag war, lief ich wie ein Zombie durch den Nationalpark. Wir schafften es pünktlich zum Bus und hatten sogar etwas Zeit über, um die Sonne zu genießen.
Mein Ansporn war die ganze Zeit, zu wissen, dass ein warmes Bett, eine heiße Dusche und ein leckeres Frühstück auf uns wartet, wenn wir es geschafft haben und wieder im Hostel sind.
Kann ich diesen Trip empfehlen? Für Menschen mit Wandererfahrung und Freude daran, absolut! Die Landschaft ist einfach wunderschön und man folgt nicht einfach nur einem normalen Weg. Für Menschen, wie Anna und mich, die wir nicht gerade Erfahrung darinne haben, um nicht zu sagen, dass es unser erstes Mal war (das bisschen Schulwandern in unserer Gegend in Deutschland zählt absolut nicht), kann ich nur raten vorher zu üben und sich nicht Torres als erstes Ziel zu wählen.