Um etwas Geld zu sparen und mal etwas neues zu erleben, beschlossen Anna und ich für zweieinhalb Wochen auf einer Ziegenfarm zu arbeiten. Nach einer 28 Stunden Bussfahrt, kamen wir in Puranque an. Was heißt Puranque?! Bei Nachfrage schmeißen einen die Busfahrer an der Autobahn raus, von dort kommt man dann irgendwie weiter. Da standen wir nun in der Pampa und mussten warten, dass vielleicht ein Taxi vorbei kommt. Nach 20 Minuten hatten wir dann das Glück, das endlich ein Auto vorbeikam, das dann auch noch ein Taxi war. Der nette Fahrer brachte uns dann auch direkt zum Bauernhof.
Dort wurde wir gleich mal von vier Hunden und Ina ( einem Mädchen, das auch über Workaway dort war ) in Empfang genommen. Sie führte uns herum, zeigte uns unsere Zimmer und erklärte uns dann mit ihrer Freundin Paola, wie hier alles funktioniert. Der versprochene WIFI Zugang, bekam man nur, wenn man den Sohn des Hauses anbettelte und er so gnädig war ihn für eine halbe Stunde frei zu schalten und anstatt den angegebenen 5 Stunden, arbeitete man den ganzen Tag. Na gut, wir waren sehr gespannt, wie es abläuft, wenn die Hausherrin Katrin kommt. Wir waren noch gar nicht lange angekommen, da mussten wir auch schon ran, denn die Babyziegen sind ausgebrochen und machten sich auf den Weg zu den anderen Ziegen. Wir mussten also schauen, dass wir alle 50 Ziegen wieder einfangen, bevor sie die ganze Milch weg trinken. Nachdem wir wie die Bekloppten hinter den Kleinen hinterher gerannt sind, geschrien und komische Geräusche von uns gegeben haben, hatten wir es endlich geschafft! Alle Babys waren wieder im Stall, auch wenn wir die meisten rüber heben mussten. Wenn das so weitergehen soll, na dann viel Spaß!
Die Mädels zeigten uns dann noch andere Aufgaben die erledigt werden müssen, wie Eier einsammeln, Essen kochen, putzen. Um 5 ging es dann weiter mit Babysfüttern. Ein Teil der Milchziegen sind mit einem blauen Punkt markiert und der andere mit einem roten. Die Blauen sind zum Babyfüttern da und die Roten zum Melken. War die richtige Mutter von dem Kind dabei, durften Mama und Kind immer zusammen sein, d.h. man musste schauen, dass man erst mal diese speziellen Kinder füttert und dann den Rest. Beim Füttern geht es darum, dass jedes Kind dran kommt und alle Euter leer sind. Einer hält zwei Ziegen fest und der andere lässt die Anzahl an Kinder raus, die man braucht und kontrolliert wer schon fertig ist und bringt die Kinder weg. Damit man dabei den Überblick behält, werden Bevor die großen Ziegen rein kommen, erst mal alle Babys in einen kleinen Raum im Stall gesperrt. Danach werden die Roten und die Blauen Ziegen in die eine Hälfte des Stall gesperrt und abgeriegelt, damit keine von den anderen Ziegen sich untermischt. Man kann die eine Hälfte von dem Stall, dreimal unterteilen. Im Hintersten hat man Rote und Blaue. Da man zum Füttern nur die Blauen möchte, scheucht man die Mamaziegen in den mittleren Teil und im vordersten findet die Fütterung statt. Man lässt so viele Ziegen rein wie man braucht und stellt sie dann an die Tür hinter der sich die Babys befindet. Die Kinder die schon getrunken haben kommen dann in einen kleinen Raum, der sich auf der anderen Seite vom vordersten Abschnitt befindet. So hat man alles schön unter Kontrolle... theoretisch! Praktisch sind es etwas anders aus, da der ganze Stall sehr improvisiert wirkt und die Türen entweder durch instabile Haken oder Schnüre, die man gerade gefunden hat, festgehalten werden. Des öfteren schafften es die gefütterten Kinder sich zu befreien und rannten wild in der Gegend rum, während man versuchen musste, alle wieder einzufangen, bevor sie die Mütter leer trinken, die für die anderen Kinder sind. Man sieht schon, es herrscht immer Aktion. Melken sollten wir noch nicht, da das Katrin machen wollte, wenn sie wieder zurück war. Da der Tag langsam zu Ende ging und es dunkel wurde, fingen wir schon mal an mit kochen. Wir wollten gerade anfangen mit essen, da kam Katrin nach Hause und schleppte mich mit zum Melken... na dann muss ich eben später essen. Sie erklärte mir alles übers melken und ich durfte schon Hand anlegen. Ich durfte dann essen gehen und Anna musste ran zum Melkmachine putzen. Endlich durfte ich essen und der Tag ging zu Ende für uns. Am nächsten Tag verabschiedeten sich die Mädels und Anna und ich blieben mit Katrin allein zurück. Sie zeigte uns nochmal alles. Am nächsten Tag kam schon der nächste Freiwillige Helfer. Es war Marvin aus Deutschland. An diesem Tag war etwas Chaos, da es anfing zu regnen und normalerweise die Ziegen auf der Weide sind. Doch bei regen laufen sie alle in den Stall. Wir fütterten die Babys und melkten die Ziegen und das alles ohne Katrin, da sie irgendwie verschwunden war. Ich wollte dann die Gänse eintreiben, aber irgendwie waren sie sehr komisch. Sie fauchten wie die Verrückten eine Stelle im Gras an. Nachdem ich sie endlich verscheucht hatte, konnte ich sehen, dass dort ein totes Gänsebaby lag. Der Kopf wurde von einem Raubvogel abgerissen. Ein anderes Baby war verwundet und konnte mit den anderen Gänsen nicht Schritt halten. Marvin half mir dann die Gänse ins Gehege zu sperren, doch was wir mir dem toten und dem verwundeten Baby machen sollten wussten wir nicht, da Katrin ja nicht da war.
Wir hatten schon die ganze Zeit das Kleinste Zicklein nicht gesehen. Ich fing schon an etwas besorgt zu sein, doch Anna meinte, es würde bestimmt draußen, bei seiner Mama sein. Nachdem wir auch Chiara nicht finden konnten, die Hündin, die Nachts zu den Hühnern gesteckt wird, damit sie die Mader fern hält, wurde es mir schon etwas mulmiger. Irgendetwas sagte mir, ich solle nochmal auf die Weide gehen. Die Weide ist etwa 10 Minuten entfernt und der Weg dorthin ist etwas holprig und glatt und da es schon langsam dunkel wurde und die Wolken weiteren Regen ankündigten, wollte Anna mich wieder beruhigen. Doch mein Gefühl ließ mich nicht in Ruhe und so ging ich nochmal raus auf die Weide. Marvin folgte mir, da er mich nicht alleine gehen lassen wollte. Wir hörten schon Hundegebell und ich wusste, da muss was sein. Als wir näher kamen, sahen wir, dass auf der anderen Seite noch eine Ziege stand. Beim näher kommen, erkannten wir, dass die Ziege ein Baby bekommen hatte. Sie wollte nicht weggehen, da ihr Baby den ganzen Weg nicht folgen konnte. Zum Glück hatten mir Ina und Paola am ersten Tag gesagt was wir machen müssen, wenn ein Baby auf der Weide kommt, denn Katrin hatte uns nichts gesagt. Ich erklärte Marvin dann, dass er das Baby zum Stall tragen sollte, aber immer wieder der Mama zeigen müsse, dass er ihr Baby hat, damit sie folgt und das Kleine nicht sucht. Ich wollte noch eine Runde gehen, um sicher zu gehen, das ansonsten nichts mehr ist. Ich suchte erst mal alles am Fluss ab und wollte schon wieder zurück zum Haus laufen, doch mein Gefühl sagte mir, dass ich nochmal ganz nach hinten auf die Weide gehen sollte und wirklich, unter einem großen Baum stand das kleine Zicklein und suchte Schutz vor dem Regen. Nachdem ich, nach drei Runden um den Baum, endlich das Kleine gefangen hatte, brachte ich das zitternte Wesen zu seiner Mama. Anna war schon fleißig dabei, das Neugeborene und seine Mama zu verpflegen, aber so ganz genau wussten wir nicht was wir tun sollten, denn Katrin war immer noch nicht da. Nachdem wir alles erledigt hatten und fertig waren mit Abendessen, kam Katrin zurück...
Was man schon schnell merkte, es passiert immer was und bevorzugt wenn Katrin nicht da war. Die Ziegen wussten das ganz genau und so wurden wir öfter mal getreten und mussten gegen die Zicken ankämpfen. Uns wurde auch nochmal mehr bewusst, wieso man die Wörter blöde Ziege, Zicke, sturer Bock, bockig, dummes Huhn oder dumme Ganz verwendet. Wir haben sie in dieser Zeit wirklich sehr oft benutzt!
Am Tag als wir Verstärkung bekamen, von zwei amerikanischen Mädels, sind Anna und ich spontan für Katrin eingesprungen und sind für sie nach Valdivia auf einen Markt Käse verkaufen gefahren, obwohl wir eigentlich unseren freien Tag gehabt hätten. Vor allem mit unseren super vorhandenen Sprachkenntnissen wurde es etwas lustig und wir haben es hinbekommen 4 Sprachen an einem Tag zu sprechen. Wir durften dann auch noch Albert Adria kennen lernen, einen der besten Patissiers der Welt. Völlig erledigt sind wir abends am Hof angekommen und konnten Bri und Vic endlich begrüßen. Es war der Anfang einer super lustigen Zeit. Es sind so viele Geschichten, dass es mich Ewigkeiten dauern würde, sie alle aufzuschreiben und am Ende wärt ihr sowieso genervt und würdet sie gar nicht alle lesen, wenn ihr überhaupt schon bis hierher gekommen seid und nicht aufgegeben habt, nachdem ihr gesehen habt wie lange dieser Text ist. Es sei nur so viel gesagt, wir hatten jeden Tag was anderes, vor allem als uns Katrin eine Woche alleine gelassen hat und wir den Hof alleine geschmissen haben. DerErhöhung, auf denen die Ziegen zum Melken stehen, ist eingekracht und eine Ziege ist fast runter gerutscht; auf der Weider lag ne tote Kuh; die Ziegen sind immer zum Nachbar abgehauen; wir wie wir versucht haben, den Zaun mit Stöcken zu flicken; verstoßene Küken in der Küche; Ziegenbock Prinz erwürgt sich fast mit nem Draht und sucht Hilfe bei Marvin; noch mehr Ziegenbabys; der Ziegenbock Bambi lässt Anna fliegen und greift Marvin an; die Ziege die beim melken, Bri auf den Arm pinkelte und noch viele, viele mehr. Wie gesagt es war immer was anderes! Ich werde jetzt auch mal aufhören, da mir sonst immer wieder neue Sachen einfallen, die ich noch schreiben könnte und dann finde ich gar kein Ende mehr. Also das war ein kleiner Ausschnitt von unserer chaotischen Zeit auf einer Ziegenfarm in Chile und hier sind noch ein paar Fotos: